Daten im Außenhandel: Fluch oder Fortschritt?
- Ole Zimmer
- 27. Feb.
- 4 Min. Lesezeit
Ausgabe 1 des ZOLL INSIDER

Im Laufe der Jahre und Jahrzehnte hat sich die Art wie Zollabwicklungen im Import und Export durchgeführt werden stark verändert.
Natürlich liegt das zu einem großen Teil an der Digitalisierung und der Nutzung von IT. Diese hat es überhaupt erst möglich gemacht riesige Mengen von Daten, sinnvoll zu erheben, denn ohne Digitalisierung hat niemand die Möglichkeit Millionen von Anträgen und Datensätzen manuell zu prüfen oder zu verknüpfen.
Dies ist natürlich ein Prozess der sich in jedem Bereich unseres täglichen Lebens vollzogen hat:
Digitale Steuererklärungen, digitale Prüfungen und Audits, digitale Kommunikation etc.
In großen Institutionen, wie z.B. der Zollbehörde, finden diese Umbrüche unumgänglich nur sehr langsam statt, besonders weil viele Teilnehmer und Anwender in den Prozess der Umstellung eingebunden werden müssen.
Inzwischen hat dies aber Fahrt aufgenommen und entwickelt sich grundsätzlich in die richtige Richtung, ich möchte hier einige zentrale Punkte, positive, sowie ggf. Fehlentwicklungen der letzten Jahr erläutern und Lösungsvorschläge machen.
Was für Daten?
Über welche Arten von Daten sprechen wir eigentlich im Zusammenhang mit der Zollabwicklung (Anmeldung von Waren zum Import, Export oder anderer besonderer Verfahren, die für den internationalen Handel nötig sind).
Produktbezogene Daten
Zu jedem Produkt gehören spezifische Daten die die grundsätzlichen Attribute des Produktes beschreiben, z.B. das Gewicht, die Beschaffenheit, der Wert/Preis, die Beschreibung „T-Shirt“, das Ursprungsland des Produktes, etc.
Bewegungsdaten
Daten die eine spezifische Bewegung der Produkte beschreiben, von Ort A (z.B. Atlanta, USA bis Hamburg in Deutschland) und damit zusammenhängende Attribute (Datum des Versandes, Absender, Empfänger, Name des Schiffs, Art des Transports, Preis des Transports etc.)
Geschäftsdaten
Daneben gibt es noch spezifische Daten die das Handelsgeschäft beschreiben, das dem Produkt und den Bewegungsdaten zu Grunde liegen z.B. Käufer, Verkäufer, Vermittler, Rechnungsinformationen, Preisabsprachen etc.
Wofür sind die Daten zu verwenden?
Diese Daten gehören ganz natürlich zu den erzeugten Daten der meisten Handelsgeschäfte, zumindest soweit es sich um physische Güter handelt. Damit werden im Laufe des Handelsgeschäfts und der Jahre danach dutzende Erklärungen abgegeben, Steuererklärungen, Zollanmeldungen, Sicherheitserklärungen etc.
In unserem spezifischen Fachgebiet werden die Daten für die Zollanmeldung verwendet, um den Behörden die mit dem Schutz des Binnenmarktes beauftragt sind zu ermöglichen Warenbewegungen und ggf. darin liegende Auffälligkeiten zu überwachen.
Wir melden die Waren zum Import an, benötigen die Produktdaten, Bewegungsdaten und Geschäftsdaten um den Import abzuwickeln, den ggf. zu zahlenden Zoll zu ermitteln, den Behörden zu ermöglichen Risikoeinschätzungen vorzunehmen.
Alles gut?
Die Digitalisierung ermöglicht es diese Prozesse zu beschleunigen, zu verschlanken und insgesamt sicherer abzubilden.
Behörden sind in der Lage große Datenmengen zu durchforsten, zu vergleichen und automatisiert Entscheidungen auf Grund der gemeldeten Daten vorzunehmen.
All das hat sich in den letzten Jahrzehnten als sehr effizient und nützlich gezeigt im Umgang mit Handelsdaten und Warenbewegungen über Grenzen hinweg.
Darf es ein bisschen mehr sein?
Die Gefahr, die die scheinbare Einfachheit der Datenspeicherung, Verarbeitung und Übermittlung mit sich bringt ist die Versuchung immer mehr und immer detailliertere Daten nutzen zu wollen.
Wo man sich in der Vergangenheit mit einem vergleichbar kleinen Satz an Daten zufrieden gegeben hat, einfach weil auf Papier und mittels Fax mehr Daten nicht gleich mehr Verständnis bedeuteten und der erhöhte Aufwand nicht dem Nutzen gegenüberstanden hat, an heute die Möglichkeit in Datenspeichern riesige Mengen von Daten einfach zu speichern und zu nutzen.
In den letzten Jahren hat sich der Datenhunger so weit entwickelt, dass für bestimmte Abfertigungsprozesse immer mehr Daten erhoben werden müssen und teils dieselben Daten an verschiedene Systeme übermittelt werden müssen, dass erläutere noch im Detail etwas später.
Regulieren mittels Daten
Heute kommen die meisten neuen Regularien, sprechen wir hier einmal von der EU, mit der Anforderung Daten zu erheben und bereitzustellen (hier zu nennen wären z.B. Deforestation, Lieferkettengesetz, Produktsicherheit etc.).
1. Neues Gesetz - Regelt etwas, verbietet etwas, etc.
2. Zur Prüfung der Einhaltung werden Daten erhoben und verarbeitet
3. Die Behörden prüfen bzw. analysieren die erhobenen Daten
Die Anforderungen setzen z.B. voraus, dass man erhebt wie viel Strom bei der Produktion eines Produktes verwendet wird, wie viel von gewissen Chemikalien, wer der Produzent der Vormaterialien ist, welche Ursprung die Farbstoffe haben die zum Färben eines Kleidungstückes verwendet werden usw.
Jede dieser Anforderung stellt gleichzeitig einen extra Schritt im Wirtschaftskreislauf da.
Jemand muss die Daten erheben
Jemand muss die Daten validieren
Jemand muss die Daten speichern
Jemand muss die Daten übermitteln
Außenhandel
Im Außenhandel stehen in den nächsten Jahren eine große Anzahl von diesen genannten Regularien an, die von den Wirtschaftsbeteiligten beachtet werden müssen, und dies vergrößert auch den Kranz an Daten die im Zollprozess entweder erhoben oder geprüft werden müssen, was zu erheblichen Mehraufwendungen bei Unternehmen führt.
Doppeltes Lottchen
Ganz besonders umständlich und unverständlich wird es, wenn die gleichen Daten an mehrere Systeme übermittelt werden müssen, weil entweder die Systeme der Behörden nicht miteinander kommunizieren, oder die unterschiedlichen Behörden jeweils nur Ihrem eigenen System vertrauen und daher darauf bestehen das Ihr eigenes System the single source of truth ist.
Fazit
Schon beim Konstruieren und Erarbeiten von Vorgaben und Gesetzen muss, ähnlich wie heute schon der Impact auf die Umwelt z.B. beachtet wird, auch der Impact auf Daten und Datensicherheit beachtet werden:
Welche Daten müssen tatsächlich erhoben werden.
Gibt es diese Daten schon in bereits bestehenden Systemen.
Wie sollen diese Daten erhoben werden und welchen Aufwand bedeutet dies für die Wirtschaftsbeteiligten.
Wie, wo und wie lang werden diese Daten gespeichert werden.
Es ist also, meiner Meinung nach, extrem wichtig diese Punkte vollumfänglich zu beachten und mit den Wirtschaftsbeteiligten abgestimmt, clevere Wege zu finden Daten zu erheben und zu verarbeiten.
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